Ein Beitrag von Coach und Moderator Stefan Clotz
Kollegialer Austausch und gemeinsame Ziele gelten als wichtige Bedingungen für gelungene Schulentwicklung. Zeit und Raum dafür sind jedoch ein sehr knappes Gut an Schulen. Und so erhalten die Zusammenkünften im Team, wenn möglich mit externer Begleitung, eine große Bedeutung.
In einer aktuellen Studie hat der Neurobiologe Prof. Martin Korte nachgewiesen, dass fremde Orte den Lerneffekt bei Seminaren erhöhen. Nimmt man diese Erkenntnis zur Grundlage, sind die Voraussetzungen in Grundschul-Workshops verbesserungsbedürftig.
Wir finden uns oft in Mensa, Werkraum, Aula oder Musikzimmer ein. Wenn uns nicht die kleinen Stühle an den Ort erinnern, so tut dies zuverlässig der Schul-Gong. Kürzlich ertönte dieser noch bei einem Elternabend um 21.30 Uhr, für wen auch immer dieses Zeichen gedacht war…
Nicht vorhandene Budgets lassen keine anderen Orte zu, auch wenn ErzieherInnen und LehrerInnen sich durchaus einmal an anderen Orten treffen sollten. Mit ein paar Handgriffen ist so ein Schulraum aber auch oft schnell liebevoll hergerichtet.
Getränke, Kekse und Obst sowie eine veränderte Anordnung der Stühle können da schon einiges bewirken. Gegenüber Seminarhotels gibt es natürlich auch Vorteile: Keine krankmachenden und unregulierbaren Klima-Anlagen und auch keine unpersönliche Atmosphäre zwischen diversen anderen Firmen und Seminaren.
In einem Punkt gleichen sich 5-Sterne-Hotels und Grundschulen: Das Drama um Moderationskoffer, Pinnwände und Flipcharts. Freie Pinnwände, einen gut gefüllten Moderationskoffer und Flipchart mit frischem Papier findet man hier wie dort selten, so dass wir Moderatoren immer von allem selbst genug in Taschen anschleppen.
Meine Empfehlung für Grundschulen wäre: Kein teurer Moderationskoffer, sondern gut weggeschlossen folgende Ausstattung:
- Unmengen von rechteckigen Moderationskarten (90×205)
- eine Kiste mit guten Stiften (noch nicht ausgetrocknet)
- vier Packungen Pinn-Nadeln
- drei Metaplan-Wände/Pinnwände (die in keiner anderen Verwendung sind)
- eine Flipchart mit ausreichend Papier
Ich wäre damit schon sehr glücklich. Unvergessen, wie ich einmal eine Pinnwand im Lehrerzimmer zugewiesen bekam und diese schnell noch vor Konferenz-Beginn abhängte. Unwissend, dass es sich um den gesamten Jahres-Plan der Schulleitung handelte. Da kam Freude auf. Ansonsten sind Pinnwände zumeist im Gebrauch zur Präsentation von Schulausflügen, AGs und Essensplänen. Von daher wäre eine separate Ausstattung an Material für Konferenzen wirklich sinnvoll.
Bleibt noch der Mangel an Zeit als Herausforderung. Kürzlich rief mich eine Schulleiterin an, sie habe nun eine gemeinsame Konferenz von Vor- und Nachmittag organisiert. Schön wäre es, wenn wir in der Zeit (oft ist dann mit „wir“ der Moderator gemeint) neue gemeinsame Schulregeln abstimmen könnten, das Thema Hausaufgaben angehen würden und die Räume neu zuteilen würden. Zeit sei von 16.00-18.00 Uhr. Ein wenig Input von mir zum Thema „Werte“ wäre auch noch eine gute Sache.
Um ehrlich zu sein: Um eine größere Gruppe nachhaltig zu bewegen, benötigt man mindestens acht Stunden. Hier müssten, auch seitens Behörden, deutlich mehr Spielräume geschaffen werden. Für gesunde Schulentwicklung sollten es zwei ganze Tage pro Schulhalbjahr für beide Teams aus Vor- und Nachmittag sein. Die Eltern würden es danken, denn die Ergebnisse wären schnell sichtbar. Ob dies dann immer mit externer Begleitung sein muss, sei dahingestellt. Aber es sollte zumindest ein Budget dafür bereitstehen, so ausgestattet, dass man zumindest auf die 2. Liga der Coaches und Trainer zugreifen kann.
Natürlich geben wir uns auch in weniger Zeit große Mühe. Aber ein hoher Ertrag, ohne dass sich die Mitarbeiter autoritär behandelt und leicht gehetzt fühlen, ist so kaum möglich. Ich lasse dann Vorstellungsrunden und die Feedbackrunde ausfallen, dies oft unter Applaus des Publikums. Und damit wären wir bei einem echten Erfolgsfaktor: ErzieherInnen und LehrerInnen haben, trotz Zeitknappheit, in ihrem Leben schon oft mit Moderationskarten in einem Stuhlkreis gesessen. Da gibt es zu Recht Ermüdungserscheinungen. Oder wie eine Lehrerin kürzlich zu mir sagte: „Jedes Jahr treffen wir uns wieder, um zu sehen, warum nichts von dem umgesetzt wurde, was wir im letzten Jahr besprochen haben.“
Damit wäre ich bei einer zweiten Erkenntnis über gelungene Workshops von Prof. Korte: Alles Besprochene muss in der Praxis möglichst schnell umgesetzt werden. Nur das kann ein Erfolgsfaktor bei Zeitknappheit sein: Lasst uns Dinge fest verabreden, die in jedem Fall auch erfolgreich in der Praxis umsetzbar sind.
Ein letzter Irrtum sei noch aufgeklärt. Er gilt für fast alle Unternehmen und nicht nur für Schulen: Ein Moderator kann nicht Führung ersetzen. Oft werden mir Themen und Entscheidungen angetragen, die ich dem Team beibringen und abringen soll und die wenig mit dem eigentlichen Workshop zu tun haben. Für einige Themen ist die Auseinandersetzung in der Gruppe gut, für viele aber braucht es einfach nur eine klare Ansage der Leitung.
Trotz der nachdenklichen Bedingungen: Eine gute Stimmung, das konstruktive Miteinander und der Wille zur Veränderung können für alles entschädigen. Und da bewundere ich viele Grundschulen sehr.